Jüdische Schule Meisenheim



Ehemalige jüdische Elementarschule 1842 - 1887 in Meisenheim, Wagnergasse 13





Der jüdische Schulunterricht In Meisenheim


Seit 1814 gab es in Meisenheim jüdischen Schulunterricht. Der erste Lehrer war  Isaac Hirsch Unrich (*1772 Mergingen 
+ 7.11.1836 Meisenheim), den die jüdische Gemeinde als Kantor, Schächter und „Lehrer ihrer Jugend“ anstellte.

 

Am 1.8.1817 wurde Unrich zum provisorischen Rabbiner des Hessen-Homburgischen Oberamts Meisenheim ernannt. Als Lehrer verdiente er 120 Gulden, als Rabbiner 56 Gulden, als Kantor 70 Gulden und als Schächter 251 Gulden pro Jahr, dazu freie Wohnung.
Als Lehrbuch diente „Hauptlehren der mosaischen Religion für den Unterricht der Jugend" von Abraham Bing, München 1827.
Der Unterricht fand statt: donnerstags von 10-12 Uhr in Meisenheim und montags von 10-12 und 13-15 Uhr in Merxheim.
Ein Verzeichnis aus dem Jahr 1830 nennt 32 Kinder im Alter zwischen 3 und 10 Jahren.
Ab Herbst 1830 wurde der Elementarunterricht der jüdischen Knaben in der evangelischen Schule durch Lehrer Michel erteilt, Mädchen besuchten den Unterricht von Lehrer Geiß.
1831 bemühten sich einige Meisenheimer Juden in einem Gesuch an die Regierung um die Errrichtung einer jüdischen Privatschule, da sie ihre Kinder in der deutschen Bürgerschule nicht angemessen gefördert sahen.
Im Hintergrund schwelte ein jahrelanger Konkurrenzstreit zwischen dem jüdischen Privatlehrer Abraham Löb Ansbacher (seit 1813 in Meisenheim) und Rabbiner Unrich, der 1837 mit der staatlichen Genehmigung zur Errichtung zugunsten von Benjamin Unrich entschieden wurde.
Seit 1837 existiert also offiziell eine jüdische Privatschule, ab 1839 öffentliche jüdische Elementarschule unter staatlicher Aufsicht. Der erste Schulsaal befand sich im Haus von Leopold Stern. Die Jahresmiete betrug 50 Gulden.
Am 1.1.1842 mietete die jüdische Schulkommission für 3 Jahre im Haus Wagnergasse 13 ein Zimmer für den Schulunterricht. 1847 kaufte die jüdische Gemeinde das Haus für Schulzwecke und als Lehrerwohnung.
1845 besuchen 46 Kinder diese Schule in der Wagnergasse.
Der Unterricht lief  zweiklassig von sonntags-freitags, jeweils  von 8-11 Uhr sowie von 13-16 Uhr .
Der Unterricht wurde mit Gebet in deutscher Sprache eröffnet.
Über den Fächerkanon der christlichen Schulen hinaus gab es Unterricht in Hebräisch, Thora-Übersetzung und Auslegung und jüdische Geschichte.
Lehrer Benjamin Unrich leitet die israelitische Elementarschule von 1835-1886
Mit seiner Pensionierung 1887 schließt die jüdische Volksschule. Die jüdischen Kinder besuchen nun die christliche Schule und erhalten dort jüdischen Religionsunterricht durch einen jüdischen Lehrer.
Das Schulgebäude, Wagnergasse 13, verkaufte die jüdische Gemeinde Mitte 1899 an den Rentner Marcus Moses aus Zweibrücken zum Preis von 2250 Mark.
1890 starb Lehrer Unrich, dessen verdienstvolles Wirken das Haus Hohenzollern (Wilhelm I.) mit der Verleihung des königlichen Adlerordens würdigte.
Weitere Lehrer waren:
1887-1909   Heymann de Beer, *1848 in Winschoten, Holland, seit 1875 Kantor und Schächter
1909-1910  Abraham Kottke, Religionslehrer und Kantor
1910-1913  Jakob Alperowitz, *1883 in Laasde, Russland, Kantor, Religionslehrer und Schächter
1913-1920 Friedrich Nathan aus Bornheim bei Bonn, Kantor und Religionslehrer
1921-1923 Hermann Bettmann, *1898 Alsfeld, Religionslehrer
1924-1928 Julius Voos, *3.4.1904, Kamen, +2.1.1944 Auschwitz, Kantor und Religionslehrer, war der letzte jüdische Lehrer in Meisenheim.
Die Zahl der jüdischen Kinder ging  nun ständig zurück:
1925 waren es noch 13 Kinder,
1926 noch 8,
1927 noch 7.
1930 heißt es: „Die Lehrerstelle ist seit einiger Zeit nicht mehr besetzt.“
Die 6 Schüler des Jahrgangs 1932/33 werden nun von Lehrer Moses aus Sobernheim unterrichtet.

Meinold Lurz: Meisenheim. Architektur und Stadtentwicklung. S. 271
Raymond Wolff: Das jüdische Schulwesen in Meisenheim in: Anthes/Lurz (Hg.) Meisenheim. Studien zu Natur, Geschichte und Kunst 18/I, 1984, S. 243-280